Das Digitalisierungsdefizit auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltungen ist kein Geheimnis. Durch das Online-Zugangsgesetz (OZG) wurden zwischenzeitlich alle Behörden verpflichtet, ihre Leistungen auch online beantragbar zu machen. Mit der sogenannten Interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) „eGov6“ wollen die sechs MKK-Kommunen Bad Orb, Bad Soden-Salmünster, Birstein, Sinntal, Steinau a. d. Str. und Wächtersbach nun die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen entscheidend vorantreiben.
Daraus ergeben sich für Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeitende und der Kommunen Vorteile.
Für die Bürgerinnen und Bürger, die sich von ihren Verwaltungen ein orts- und zeitunabhängiges Leistungsangebot wünschen, wie sie es auch von Wirtschaft und Dienstleistern bereits gewohnt sind, wird diese Lücke als wichtige Ergänzung im Leistungsangebot der Kommunen nun kontinuierlich geschlossen.
Die Kommunen streben für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Digitalisierung ebenfalls Verbesserungen in den Arbeitsabläufen an. So bieten Online-Anträge die Möglichkeit strukturiert alle offenen und entscheidenden Fragen schon in der Antragstellung zu klären. Dies wird die Bearbeitung von Anträgen beschleunigen und Wartezeiten auf Antragsbearbeitung für die Bürgerinnen und Bürger reduzieren. Durch die Vermeidung von Medienbrüchen kann die Antragstellung komplett digital erfolgen, was ebenfalls zur einfacheren Bearbeitung sich positiv auswirken wird.
Ebenso wird die Digitalisierung die Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen untereinander verbessern. In den kleineren Kommunen, zu denen die 6 Kommunen der IKZ ebenfalls gehören, gibt es aufgrund der analog zur Größe der Kommunen entsprechend kleine Anzahl von Beschäftigten in der Verwaltung. So sind einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft Wissensinseln für einen Aufgabenbereich. Ist ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin krank oder im Urlaub bleiben Anträge oder Anfragen an die Kommunen oft liegen. Mit der Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen wird dieses Problem ebenfalls angegangen. Die digitalen Prozesse werden mit klaren strukturellen Vorgaben konzipiert, mit entsprechenden Hilfestellungen und einem modernen Wissensmanagement so flankiert, dass auch Vertretungen die Anträge i. d. R. bearbeiten können. Auch dies wird zu mehr Flexibilität und Service für die Bürgerinnen und Bürger führen. Zuletzt ist die Digitalisierung auch auf strategischer Ebene für die Kommunen ein Teil der Lösung. Wie in allen Bereichen der Gesellschaft, wird auch die öffentliche Verwaltung in den nächsten Jahren mit den Folgen des demografischen Wandels und des bereits spürbaren Fachkräftemangels in der Personalfindung vor Herausforderungen gestellt. Die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger, als auch in internen Prozessabläufen verschiebt freiwerdende Kapazitäten in andere Bereiche, in denen sie bereits benötigt werden.
Die Kommunen haben das im OZG verankerte „Einer für alle“-Prinzip, einem partizipativen Gedanken, der die Digitalisierung beschleunigen soll, nun auf ihre kommunale Ebene angewendet und konsequent weitergedacht. Denn die Digitalisierung kommt nicht „auf Knopfdruck“, sondern geht zunächst mit einem nicht zu unterschätzenden Mehraufwand für alle Beteiligten einher. Das „Einer für alle“-Prinzip wird in der IKZ eGov6 mit einem „Gemeinsam sind wir stärker“-Prinzip ergänzt und damit der „Grundstein“ für eine erfolgreiche Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung in diesen sechs Kommunen gelegt.
Zentraler Lösungsansatz ist die Gründung eines Teams bestehend aus Digitalisierungsexpert*innen, die für die IKZ eGov6 Kommunen die Umsetzung nun vornehmen werden. In einem gemeinsamen Termin mit allen Bürgermeistern und Mitgliedern des Steuerungsteams aus den beteiligten Partnerkommunen wurde nun das Team im Schloss Wächtersbach vorgestellt und die nächsten nun folgenden Schritte besprochen.
Die Teamleitung wurde Andreas Spieldiener übertragen, der als langjähriger Mitarbeiter an der Technischen Hochschule Aschaffenburg einen großen Erfahrungsschatz in der Konzeptionierung und Umsetzung von Digitalisierungsprozessen mitbringt. Durch seine pädagogische Vorbildung und einem Masterabschluss im der Multimedia Didaktik bringt Herr Spieldiener zudem das notwendige Handwerkszeug mit, um sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Beschäftigten die Online-Verfahren zu vermitteln.
Mit fast zwei Jahrzehnten Erfahrung als Mitarbeiterin und IT-Administratorin in der Kommunalverwaltung ist Judith Schmitt quasi die „Dolmetscherin“ zwischen den organisatorischen und rechtlichen Anforderungen an den digitalen Prozess und der technischen Übersetzung in die vorhandene Software auf der anderen Seite.
Die technische Umsetzung ist im Wesentlichen Hassan Alhelwani übertragen, mit langjährigen Erfahrungen, im Bereich des Digital-Publishing das nötige technische Knowhow für die Umsetzung mitbringt, um die entwickelten Konzepte „in die Maschine“ zu bringen. Herr Alhelwani soll in Kürze noch durch eine weitere technische Kraft unterstützt werden, eine entsprechende Stellenausschreibung ist auf den Internetseiten aller Partnerkommunen veröffentlicht.
Mit „der Maschine“, ist die Digitalisierungsplattform „civento“ gemeint, welche allen hessischen Kommunen vom Land Hessen kostenfrei über die ekom21 zur Verfügung gestellt wird. Für die Bürgerschaft wurden bereits einige Online-Anträge durch übergeordnete Stellen entwickelt, die – wenn überhaupt notwendig – durch das eGov6-Team auf die Bedarfe der einzelnen Partnerkommunen angepasst werden. Wesentliche Aufgabe des Teams wird es jedoch sein, die nachgeschalteten Prozesse so zu entwickeln, damit die übermittelten Antragsdaten möglichst medienbruchfrei durch den kompletten Prozess digital weiterverarbeitet werden können.
„Dass sich insgesamt sechs Kommunen unserer Größenklasse für die Verwaltungsdigitalisierung zusammengeschlossen haben, kommt nicht so häufig vor. Es gibt insoweit nur vereinzelt Erfahrungswerte und die mit unterschiedlichen Vorzeichen, auf die wir zurückgreifen können“, erklären Nikolai Kailing von der Stadt Wächtersbach als federführende Kommune sowie Hauptamtsleiter Dominic Imhof, der zusammen mit dem EDV-Administrator Maximilian Stephan zusammen die Stadt Bad Soden-Salmünster in der Steuerungsgruppe vertritt. „Dennoch ist es sinnvoll, dass man das Thema mit mehreren Kommunen angeht. Nicht nur, um Personal- und Verwaltungskosten auf mehrere Schultern zu verteilen, sondern auch um die Erfahrungen der anderen Kommunen zu berücksichtigen, damit in den eigenen Prozessen vielleicht nicht mehr ‚notwenige Zöpfe abgeschnitten werden‘und Bewährtes verbessert werden kann.“
Sehr erfreulich dabei ist, dass ein beim Land Hessen für dieses Modellprojekt gestellter Förderantrag bewilligt wurde und das IKZ-Projekt nun mit 90% der aus dem Projekt entstehenden Personal- und Sachkosten durch den Geschäftsbereich der hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung gefördert wird. Die verbleibenden 10% werden zudem noch unter den Partnerkommen aufgeteilt.
„Als federführende Kommune hat hier die Stadt Wächtersbach, namentlich Nikolai Kailing und Bürgermeister Andreas Weiher, sehr gute Vorarbeit hinsichtlich der Förderbeantragung geleistet“, zeigt sich Bürgermeister Dominik Brasch dankbar.
„Wenn man etwas zum aller ersten Mal und modellhaft für andere Kommunen macht, steckt darin immer ein gewisses Risiko, weil sich viele Erfahrungen und Erkenntnisse erst auf dem Weg ergeben. Die attraktive finanzielle Förderung des Digitalministeriums hilft uns dabei aber sehr, das finanzielle Risiko für die Steuerzahler auf ein Minimum zu reduzieren“, erklären Brasch wie auch seine Amtskollegen aus den Partnerkommunen gemeinsam.
Einbindung der Verwaltungen und der städtischen Gremien
„Es ist wichtig, dass die Bediensteten der Verwaltung wie auch die Mitglieder der städtischen Gremien in den Prozess mit einbezogen werden“, erläutert der Bad Soden-Salmünsterer Bürgermeister Dominik Brasch. „Aus diesem Grund hat Andreas Spieldiener in einer Teildienstversammlung den Bediensteten der Stadtverwaltung und in der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung auch den Mandatsträgern das Projekt näher vorgestellt und die ersten sowie die weiteren Schritte erläutert“, so Brasch. „Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten beiden Jahren viel Bewegung in die Digitalisierung bringen werden und hoffe, dass der Verbund bei guter Zusammenarbeit auch über den Förderzeitraum hinweg bestehen bleiben wird, so der Kurstadtbürgermeister abschließend.