Zur Geschichte Bad Sodens

Die Quellen des Reichtums - Salz als Lebensgrundlage

Ortsansicht

von Georg Wilhelm Hanna

Malerisch grüßt hier von Baumwerk umgrünt die Turmruine von Stolzenberg in das Thal hinab, wo sich die Salza zwischen der Hardt und dem Münsterberg mit dem Flüßchen Kinzig vereinigt, und das Städtchen Soden sich, wie in einem Gärten gelegen dem Blicke darbietet, so ein illustrierter Führer durch das Main- und Kinzigthal, der werbemäßig die Eisenbahnlinie Hanau-Elm exakt des Jahres 1900 erklärt. In diesem reichen Erbe hat sich seitdem zwischen Tradition und Fortschritt viel verändert, besonders durch den Ausbau des Heilbades in den letzten Jahrzehnten. Am 6. Juli 1296 wurde das links der Salz am West- und Südhang des bewaldeten Stolzenbergs gelegene Soden auf Bitten des Abtes Heinrich V. von Weilnau durch König Adolf von Nassau unter dem Namen „Stolzental" zur Stadt erhoben und mit allen Rechten und Freiheiten, wie sie die Stadt Frankfurt besaß, sowie einem Wochenmarkt und dem Zollrecht ausgestattet. Folge der Stadterhebung des opidum Stolzcental in suburbio castri Stolzcenberg war seine Befestigung. Anfang des 14. Jh. bestand die Stadtmauer lediglich aus einer Ringmauer ohne Gräben, die an die Burg Stolzenberg anschließend sich südlich und nördlich zur Salz hin erstreckte und mit drei Toren, dem Ober- und Untertor und dem östlich gelegenen Maustor (Maut = Zolltor), versehen war. Die ehedem von der Burg aus den alten Stadtkern mit seinem unregelmäßigen Straßennetz umfassenden Mauern sind nicht mehr erhalten.

Um diese Zeit trug der Berg oberhalb Soden schon eine wehrhafte Burg, die Burg Stolzenberg. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts gelang es Feinden der Kirche, das dem Stift Fulda gehörende Bollwerk zu erobern und zu zerstören. Am 13. Dezember 1252 gewährte der damalige König Wilhelm von Holland dem Abt Heinrich von Erthal die Erlaubnis zur Wiedererrichtung der Befestigung auf dem Bergkopf vor dem Eingang zum Salztal. Wiederholt wurde die Burg durch Kriegsläufe zerstört. Sie war auch der Sitz der Herren von Hutten, die hier Erbburgmannen waren. Bereits 1373 war diesem  Rittergeschlecht die Stadt als fuldischer Pfandbesitz zuteil geworden, und demzufolge mußten sie die Rechte ihres Herren vertreten. 1522 wurde die Burg Stolzenberg von hessischen Truppen unter Philipp dem Großmütigen eingenommen. Seit jenen Tagen hat diese das Städtchen überragende Ruine nicht wieder an Bedeutung gewonnen.

1536 entstand zu ihren Füßen, im Ostteil der Niederlassung, unter Lukas von Hutten ein neues Stadtschloß, bekannt als Huttische Talburg, das als der bemerkenswerteste Bau Sodens im sanierten Zustand einer neuen Nutzung entgegensieht. Der Stadtname Stolzental leitete sich also ab vom Anschluß der Siedlung an die strategisch günstig gelegene Burg Stolzenberg und bedeutete zugleich, daß die Siedlungsbewohner eine rechtliche Besserstellung erfuhren, aber auch die wirtschaftliche Versorgung der Burg sicherstellen mußten. Die Bezeichnung Stolzental, den die Stadt 1296 erhielt, wurde jedoch schon drei Jahre später und in der Zukunft nicht geführt. Vielmehr war die Sood oder Soden (Siedhäuser der Salzsieder) mehr Anlaß zur Namengebung, die sich in geringer Abwandlung bis ins heutige Zeitalter erhalten hat.

König Heinrich Sprudel um 1929

Die fuldischen Äbte haben schon recht früh handfeste Beziehungen zu Soden entwickelt. Bei der großen Bedeutung des Salzes für die Ernährung und Gesundheit der Menschen im Mittelalter mußte auch  das Kloster Fulda seinen Salzbedarf dauernd sicherstellen. Welch Wunder also, daß die Salzquellen des späteren Sodens im Jahre 900 in den Besitz des Fuldaer Klosters gelangte und der Ort erstmals aufgrund seiner Wichtigkeit für die Salzgewinnung um 1190 in einer Urkunde des Abtes Konrad II. von Fulda (1177-1192) als Sodin genannt wird. Diese Siedlungsbezeichnung leitete sich ab von Solequellen, was soviel heißt wie sode = sode, Saline. Diese Salzquellen, im Mittelalter zum Salzsieden genutzt und dadurch wirtschaftliche Grundlage des mit Stadtrecht begabten Ortes, verfielen später, haben aber, nach der Neuentdeckung Anlaß zur Gründung des Bades gegeben. Die ältere, bei den Salzquellen entstandene Siedlung SaIz rechts des gleichnamigen Flüßchens wurde bereits um 1800 eingemeindet. Als locus Salzaha in regione Wetereiba 900, als Nyedern Salzcza 1372 und als Salcza bei Soden findet sie 1383 Erwähnung und heißt heute noch in der Salz.

Lange Zeit verkauft oder verpfändet, versuchten die Äbte von Fulda seit dem 17. Jahrhundert, ihre Pfandschaft Soden und Salmünster zurückzuerwerben. Nach langwierigen Verhandlungen kam es am 4. Mai 1734 zu einem Vergleich mit Mainz, das seinen Anteil an Stolzenberg, Soden und Salmünster für 52000 Gulden an Fulda zurückgab. Im dazugehörigen Vertragswerk wurde vereinbart, dass die früher betriebenen wie noch zu entdeckenden Salzquellen nicht genutzt werden dürften, solange das mit großen Kosten zu Orb errichtete Salzwerk nicht völlig ab- oder untergehen würde. Es wurde befürchtet, dass die Sodener den Orbern das Quellwasser abzapfen könnten. Fuldaer Versuche in den folgenden Jahrzehnten, von der Klausel loszukommen scheiterten.

Die Säkularisation des Hochstifts Fulda, mit der die weltliche Herrschaft der Fürstbischöfe zu Ende ging, war der Anfang wechselvoller politischer Veränderungen, die zu einer Besitzübernahme durch Kurhessen 1816 führten. In dieser nachnapoleonischen Zeit erst wurde der Gründungsvertrag für Soden nichtig, als Kurmainz aufgelöst war und das Sodener Gebiet in den Besitz des kurhessischen Landesherrn kam. Der neue Herrscher ließ zwar im Jahr 1817 untersuchen, ob sich die Gründung einer neuen Salz-Siede-Anstalt rentieren würde, aber verwirklicht wurden solche Pläne nicht mehr. Die Erträge wären auch recht bald ausgeblieben, da die herkömmliche Salzgewinnung im vorigen Jahrhundert unwirtschaftlich und durch den Bergbau abgelöst wurde.

Altes Kurhaus mit Brücke über die Salz
Alter Baderaum im Marienheim

In diese kurhessische Epoche fällt der Ausgangspunkt der Entwicklung des Heilbades Soden. Die alte, seit der Stillegung im 16. Jahrhundert immer mehr verschüttete Salzquelle war allmählich in Vergessenheit geraten, allerdings nicht vollständig. Die Bauern wurden häufig an ihre Existenz erinnert und hatten zu Beginn des 19. Jahrhunderts begonnen, das solehaltige, kaum verwendbare Wasser aufzufangen. Als sich im Jahre 1831 erste Heilerfolge zeigten, glaubte der Gemeindevorstand nicht an die Entfaltung der Heilwirkung und scheute die Kosten einer Brunnenfassung. Das änderte sich im Jahre 1837. Es war die Zeit, in der der wahre Wert der Sole als Heilmittel bei allerlei Krankheiten und Gebrechen gerade erst erkannt worden war. Nunmehr begann man die Sodener Quellen freizulegen. Bei den Freilegungsarbeiten, die am 11. September anfingen, wurde dann ein jahrhundertealter, aus eichenen Bohlen bestehender Kasten von zehn Metern Tiefe entdeckt, der sich als sorgfältig angelegter Wasserbehälter erwies. Die Heilkraft der Quelle wurde analysiert und stand bald außer Zweifel. Aufgrund dieser erstaunlichen Heilerfolge belieh der Kurprinz Friedrich Wilhelm von Hessen, der nachmalige letzte Kurfürst, im Jahr 1844 die Stadtgemeinde Soden mit den Quellen und sprach ihr das Recht der Ausnutzung zu. Die finanzschwache Stadt war jedoch nicht in der Lage, die Pläne für eine Bade- und Trinkanstalt zu verwirklichen, und suchte Investoren. Potenzielle Geldgeber fanden sich im In- und Ausland, doch scheiterte ihr Engagement in erster Linie daran, daß die Stadt nicht über die freien Rechte über die Quelle und weitere inzwischen freigelegte Heilquellen besaß. Das Heil- und Kurwesen gedieh in bescheidenem Umfang, meist in Privathäusern tranken die Gäste das Mineralwasser oder badeten in ihm. Ein größerer Aufschwung schien möglich, als die Stadt im Jahre 1873 das lastenfreie Nutzungs- und Verfügungsrecht über das gesamte Quellenfeld erhielt, aber die großen  Erwartungen erfüllten sich nicht.

Neue Hoffnungen keimten kurz vor der Jahrhundertwende mit der Gründung einer Badegesellschaft auf, doch wie schon früher hatte Soden gegenüber Orb das Nachsehen. Als Frankfurter Herren der Wirtschaft im Jahre 1899 in Orb eine Betreibergesellschaft für den Kur- und Badebetrieb gründeten, wanderten die Förderer und Geldgeber aus Soden ab. Im Jahre 1919 gelang es der Stadt, das Nutzungsrecht über das Quellenfeld und die bestehenden Kuranlagen von der Badegesellschaft zu einem äußerst günstigen Preis zurückzuerwerben, es wurden zusätzliche Einrichtungen geschaffen, neue Sprudel erschlossen, und im Jahre 1928 durfte sich Soden endlich Bad nennen. Der eigentliche Aufstieg begann aber erst Anfang der sechziger Jahre. Ein modernes Bad entstand, das zunächst fast nur auf Sozialversicherungsgäste setzte, derzeit aber auch eine Vielzahl Privatgäste hat, die zur offenen Badekur anreisen und die heilende Kraft der artesischen Brunnen genießen wollen, deren höhe medizinische Bedeutung bis heute unbestritten ist.

Im Rahmen der Gebietsreform wurde 1974 die Stadt Bad Soden bei Salmünster mit der benachbarten Industriestadt Salmünster zur Gesamtstadt Bad Soden-Salmünster vereint. Es war ein langer Weg von der Stadtrechtverleihung bis heute. Bad Soden zählt mit zu den ältesten Städtegründungen im Kinzigtal. Nicht nur die jahrhundertealten städtischen Privilegien sind es wert zu gedenken, auch die urkundliche Ersterwähnung vor über 800 Jahren sollte als bedeutender Eckpfeiler im Gang durch die mehrhundertjährige vergangene Zeit nicht in Vergessenheit geraten. Bad Soden ist nunmehr ein Stadtteil, dennoch ein Heilbad mit reicher geschichtlicher Vergangenheit der heutigen Kurstadt Bad Soden-Salmünster.